Meine Rede zum Antrag „Lebensräume des Rotwildes schützen – Hegegedanken weiterentwickeln“ der AfD-Fraktion vom 22.11.2023. Ihr könnt sie euch auch hier beim RBB anschauen.
Drucksache zum Tagesordnungspunkt 7/7824
Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Als Erstes möchte ich meiner Kollegin Isabell Hiekel gute Besserung wünschen und mich herzlich für das viele geistige Eigentum bedanken, das sie mir zur Verfügung gestellt hat, damit ich diese Rede fachlich korrekt halten und die Position der Grünen hier darstellen kann.
Die AfD hat versucht, einen Antrag vorzulegen, der auf den ersten Blick sehr fundiert und gut recherchiert wirken könnte. Aber – der Kollege Domres hat es bereits gesagt, und auch Herr Roick ist darauf eingegangen – schaut man sich die verwendeten Quellen an, wird schnell deutlich, dass es hier offensichtlich überhaupt nicht um die brandenburgischen Rotwildbestände geht.
Das Standardwerk zum evidenzbasierten Rotwildmanagement in Deutschland bezieht sich, wie der Name schon sagt, auf ganz Deutschland, und da gibt es große Unterschiede in Hinsicht auf die Rotwildbestände. Nun bitte ich Sie alle, sich einmal den Link anzuschauen; denn wenn es ins Detail geht – Seite 13, Abbildung 2.3 des Werkes -, wird sehr deutlich, dass das Hauptverbreitungsgebiet des Rotwilds in Deutschland im nordöstlichen Teil der Bundesrepublik liegt, also bei uns. Ich denke, Karten lesen sollte man können, wenn man hier sitzt.
(Zuruf von der AfD)
Brandenburg gehört mit seinen großen Waldflächen zu den am stärksten von Rotwild besiedelten Gebieten, während vornehmlich die südlichen Bundesländer nur noch kleine, isolierte Vorkommen aufweisen. Das hat laut der von der AfD zitierten Studie historische Gründe: In den 50er-Jahren hat eine Reihe von Alt-bundesländern aus forst-, jagd- und agrarpolitischen Interessen heraus sogenannte Rotwildgebiete ausgewiesen. Außerhalb dieser Gebiete musste das Rotwild geschossen werden. Insbesondere Teile von Süddeutschland wurden so zu rotwildfreien Zonen. Durch diese Isolation kommt es dort zu geringer genetischer Diversität und Inzuchterscheinungen.
Dies trifft aber für Brandenburg nicht zu. Unsere Rotwildbestände stehen im regen Austausch mit den Populationen in Polen und den benachbarten Bundesländern, wie uns von Jägern berichtet wird; und die wissen es schließlich. Gleichwohl gibt es auch bei uns Defizite im Biotopverbund; das gilt auch für das Rotwild. Deshalb wurde im Jahr 2010 eine Studie zum Biotopverbund, Teil Wildtierkorridore, im Auftrag des brandenburgischen Umweltministeriums erarbeitet. In Kapitel 3, Verbundsystem Großsäuger, wird ausführlich auf das Rotwild eingegangen. Es wurde ein Verbundsystem für Großsäuger entwickelt und durch den Bau von Grünbrücken – hierauf ist Herr Roick bereits eingegangen – bei der Sanierung von Autobahnen zum Teil umgesetzt.
Nach einem Pressebeitrag aus dem Sommer 2020 wurden auf Brandenburger Grünbrücken über Autobahnen in den vorangegangenen 15 Jahren mehr als 100 000 Wildtiere gesichtet, darunter auch Rotwild. Das ist besonders bemerkenswert, weil gerade Rotwild bekanntermaßen sehr anspruchsvoll ist, wenn es um die Dimensionierung von Querungshilfen geht. Insofern kann man diesen Beitrag zum Biotopverbund auch für das Rotwild als Erfolg werten.
Was die anderen Punkte dieses Antrags hinsichtlich der Weiterentwicklung der Hege des Rotwilds betrifft, möchte ich auf unsere Diskussion zur Waldentwicklung verweisen. Nur mit einem angepassten Schalenwildbestand wird uns der erforderliche Waldumbau mittels Naturverjüngung und ohne teure Zäunung auf der Fläche gelingen. Dies betrifft auch die Regulierung des Rotwilds nach waldbaulichen Aspekten. Das heißt, es gibt in Brandenburg durchaus Gebiete, die, gemessen an der verbissenen Naturverjüngung, zu hohe Rotwildbestände aufweisen. Hier geht es vornehmlich darum, von der Trophäenjagd wegzukommen und Rotwild stärker zu bejagen, und die Bestände waldverträglich zu entwickeln. Ich würde in diesem Kontext gern Ihre Behauptung zurückweisen, es sei in den letzten Jahren eine zunehmend jagdfeindliche Tendenz seitens linksgrüner Akteure zu beobachten. Ich denke, dass wir alle die vergangene Debatte zu den Jagdgesetzen verfolgt haben und damit eindeutig bewiesen ist, dass dies nicht der Fall ist.
Sie sehen, der Antrag der AfD ist überflüssig und wird von uns abgelehnt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Augustin [CDU])