7. Januar 2021 | Meine Themen

EIN JAHR LANDTAGSABGEORDNETE – MEIN RÜCKBLICK

2020, was ein für Jahr! Wie waren meine ersten 366 Tage im Parlament?

Heute, vor genau einem Jahr habe ich im Landtag Brandenburg mein Mandat als Landtagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Ich weiß noch genau, wie nervös ich war als ich statt wie gewohnt in der Uni zu sitzen, von einem auf den anderen Tag im Plenarsaal saß. Ich hatte Respekt vor der großen Herausforderung.

Mit damals 20 Jahren war ich die jüngste Politikerin im Parlament. Nach jahrelanger Verbands- und Parteiarbeit und politischem Aktivismus war für mich Politik bei weitem kein Neuland. Sich an parlamentarische Abläufe zu gewöhnenund in einer Regierungskoalition mit SPD und CDU zu sitzen war jedoch eine neue Art des politischen Arbeitens. Und auch plötzlich nicht mehr als – sicherlich ziemlich intensives – Hobby Politik zu machen, sondern hauptberuflich, ändert einiges.

Geprägt hat mich vor allem, wie es als junge Frau ist, sich in diese Abläufe einzufinden und sich einen Platz zu erkämpfen. Zum Teil sitze ich mit Menschen an einem Tisch, die länger in diesem Parlament sitzen, als ich lebe. Einige meiner Kolleg*innen begegnen mir trotzdem genauso mit Respekt, wie allen anderen auch. Zum Teil erlebe ich aber auch das Gegenteil: Frauen wird öfter ins Wort gefallen oder es wird den Bemerkungen von Männern mehr Raum und Aufmerksamkeit gegeben. Auch mir wird teils nicht richtig zugehört oder Männer wiederholen was ich gesagt habe, als wäre es etwas Neues. Natürlich macht das nicht jeder Mann, natürlich habe ich das auch schon in vielen anderen Umgebungen erlebt. Solche Strukturen nerven, überall. Sie verhindern einen produktiven, politischen Austausch.

Ab und zu fällt dann gerne auch mal der ein oder andere Kommentar – zum Beispiel über meine Klamotten. Die Bluse sei schick, das Loch in meiner Strumpfhose groß. Kein Problem, das von Freund*innen zu hören. Schon ein Problem von mehr als doppelt so alten Herren, mit denen man professionell zusammenarbeiten will!

Meine politische Projekte in diesem Jahr waren vielfältig: bald wird das erste Mal ein*e Beauftragte*r für Kinder- und Jugendliche ernannt, wir haben die Bauordnung überarbeitet und mit dem Beschluss für einen Klimaplan fürs Land Brandenburg einen weiteren Schritt gegen die Klimakrise gemacht. Wir haben einen Sonderausschuss für die Strukturentwicklung in der Lausitz ins Leben gerufen und verlängern die Mietpreisbegrenzungs- und Kappungsgrenzenverordnung im Land Brandenburg. Die brauchen wir, damit Mieter*innen gegen steigende Mieten vorgehen können!

Gerade in kleineren Fraktionen – wie wir es sind – ist man für viele Themen zuständig. Das bietet mega viele Chancen, verschiedene Bereiche mitzugestalten. Gleichzeitig heißt das für mich, dass an thematisch teils sehr unterschiedlichen Projekten arbeite.

Gelernt habe ich, dass parlamentarische Prozesse zwar lange dauern, das aber zum Teil auch ihre Berechtigung hat. Gerade bei Gesetzgebungsverfahren ist es unfassbar wichtig, dass möglichst viele Perspektiven angehört werden und miteinbezogen werden. Trotzdem stelle ich mir Fragen, wie wir unsere repräsentative Demokratie weiterentwickeln können. Schaffen wir es, auf so drängende Fragen wie die Klimakrise doch noch zu ausreichend zu reagieren? Wie überzeugen wir genug Menschen, die Faschist*innen wieder aus dem Parlament rauszuwählen? Welche Rolle kann zukünftig direkte Demokratie oder Instrumente wie Bürger*innenräte spielen?

Was mich für mein zweites Jahr im Landtag motiviert?

Viele Projekte, die wir angestoßen haben, gehen jetzt erst richtig los: Der Klimaplan wird aufgestellt, im Sonderausschuss Strukturwandel fangen wir richtig mit der Arbeit an. Hier geht es mir vor allem darum, den Strukturwandel möglichst sozial und ökologisch zu meistern. Dabei ist es wichtig, dass hier die Bevölkerung aktiv mitwirken kann, wie unsere Zukunft in Südbrandenburg und Nordsachsen aussehen soll. Ich habe große Lust, gemeinsam an Visionen zu arbeiten und diese umzusetzen.

In diesen Tagen kommt wohl kein Text ohne Corona aus. Die Pandemie bestimmte mein erstes Jahr als Abgeordnete und wird wahrscheinlich noch meine gesamte Zeit als Abgeordnete prägen. In der Arbeitsweise bedeutete das – wie bei vielen in diesem Jahr –  Videokonferenzen und Sondersitzungen. Vor allem aber haben wir so große gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen, wie meine Generation sie noch nie zu spüren bekam. Hoffentlich befinden wir uns in den harten Endzügen dieser Krise. Ihre Folgen werden wir so oder so noch lange zu spüren bekommen. Es ist entscheidend, dass wir auch auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen in und nach dieser Krise zu schauen.

Unsere Aufgabe bleibt es aber, auch die anderen Krisen nicht aus dem Blick zu verlieren. Wir laufen weiterhin sehenden Auges in die Klimakrise. Die harten sozialen und gesellschaftlichen Folgen können in Krisen enden oder welche verschärfen, die wir noch gar nicht absehen können. Deswegen gilt weiterhin: #fighteverycrisis

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