23. März 2023 | Klima, Meine Arbeit als Abgeordnete, Reden, Wohnen und Bauen

Rede: Änderung der Brandenburgischen Bauordnung

Meine Rede zur ersten Lesung des Dritten Gesetz zur Änderung der Brandenburgischen
Bauordnung vom 23.03.2023. Ihr könnt sie euch auch hier beim rbb anschauen.

Drucksache zum Tagesordnungspunkt 7/7264

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Erst in dieser Woche hat der Weltklimarat, der IPCC, einen neuen Synthesebericht vorgelegt. Ich bin mir sicher, dass Sie als verantwortungsbewusste Abgeordnete zumindest die Zusammenfassung gelesen haben – wenn nicht, bringe ich Sie gerne auf den aktuellen Stand.

Wir spüren schon jetzt eine Erwärmung um 1,1 °C und erleben daher in allen Regionen der Welt veränderte Wetter- und Klimaextreme. Damit wir das Ausmaß dessen eingrenzen, setzen wir als Land und als Bund Ziele und müssen diese mit den notwendigen Maßnahmen unterlegen, und zwar schnell, denn – ich zitiere aus der deutschen Übersetzung -:

„Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich rapide.“

Wir wollen spätestens 2045 klimaneutral werden – in Brandenburg und in Deutschland. Aber noch in diesem Jahrzehnt müssen wir dafür deutliche Einsparungen bei den CO2-Emissionen leisten.

(Beifall B90/GRÜNE)

Wir haben nur noch 22 Jahre Zeit, um unsere Energieversorgung auf Netto-Null-Emissionen umzustellen. Uns zeigt aber die Historie, dass es durchaus möglich ist, in einem solchen Zeitraum grundlegende Veränderungen an unserer Energieversorgung vorzunehmen. Erinnern wir uns an das Jahr 2000: Da hatten wir in Deutschland einen Energiemix, in dem die Atomkraft noch einen Anteil von einem Viertel hatte. Die Erneuerbaren lagen nicht einmal bei 7 %. Im selben Jahr wurde der deutsche Atomausstieg auf den Weg gebracht. Im letzten Jahr hatten die erneuerbaren Energien einen Anteil von 44 % am deutschen Strommix. Dieses Jahr steigt Deutschland schlussendlich aus der Atomkraft aus.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD und DIE LINKE – Zuruf von der AfD: Na, na, na!)

Das zeigt uns, dass es möglich ist, innerhalb von zwei Jahrzehnten grundlegende Transformationen zu vollziehen. Aber es fällt eben nicht vom Himmel, sondern muss durch klare politische Maßnahmen möglichst frühzeitig gesteuert werden. Ich zitiere wieder aus dem Bericht des Weltklimarats

„Tiefgreifende, schnelle und anhaltende Minderungsmaßnahmen und eine beschleunigte Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen in diesem Jahrzehnt würden die projizierten Verluste und Schäden für Menschen und Ökosysteme verringern […].“

Der Bericht stellt fest, dass es dafür unter anderem politische Entschlossenheit braucht – und das ist unsere Aufgabe!

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Die Einführung einer Solarpflicht für gewerbliche und öffentlich genutzte Neubauten, die wir heute mit diesem Gesetzentwurf auf den Weg bringen, ist ein Schritt genau in diese Richtung. Dazu gehört auch eine Solarpflicht für Parkplätze, die ohnehin versiegelte Flächen sind, recht viel Platz einnehmen und dafür vielleicht recht wenig gesellschaftlichen Nutzen an vielen Stellen bringen. Das schafft fantastische Synergien: Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit einem E-Bike zum Supermarkt Ihrer Wahl und können direkt vor Ort den Akku mit dem dort produzierten Strom laden.

Wir brauchen den Ausbau, um unsere zu Recht ambitionierten Ausbauziele für die Photovoltaik in der Energiestrategie zu erfüllen. Im Jahr 2022 sind in Brandenburg ca. 5,4 GW ausgebaut. Ziel der Strategie ist es, eine installierte Leistung von 18 GW im Jahr 2030 und von 33 GW im Jahr 2040 zu haben. Die Strategie legt einen Schwerpunkt auf Dach- und Parkflächen. Unser Gesetzentwurf zielt deswegen genau auf diese ab.

Wir haben gestern hier im Haus schon Debatten zu Freiflächenphotovoltaik geführt und zu deren Steuerung und Planung. Ichglaube, es ist deutlich, dass wir die ambitionierten Gigawatt-Zahlen, die wir erreichen wollen, wahrscheinlich nicht gänzlich ohne Freiflächenanlagen schaffen werden. Aber: Jede PV-Anlage auf einem Dach oder auf einer sowieso versiegelten Fläche verringert die Anzahl an Freiflächenanlagen, die wir benötigen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Und damit haben wir weniger Zielkonflikte mit Landwirtschaft und Naturschutz, die diese Flächen auch dringend brauchen. Als Bündnisgrüne wollen wir mit dem Gesetzentwurf auch in die Debatte einsteigen, ob man bei Neubauten die Solarpflicht nicht auch auf den privaten Sektor ausweiten sollte. Das würde die Dachflächen, die davon betroffen sind, und damit auch die installierte Leistung an Photovoltaik deutlich erhöhen. Es gibt gerade in den heutigen Zeiten viele Bedenken, ob das kostenmäßig zu stemmen ist. Schauen wir uns deswegen doch einmal konkrete Beispiele an: In der Regel ist es so, dass eine Familie, die ein Haus baut, einen Kredit aufnimmt. Vielleicht muss der Hauskredit höher ausfallen aufgrund der zusätzlichen Anschaffung einer PV-Anlage. Das führt auch zu einer leicht erhöhten monatlichen Rate. Gleichzeitig kommt aber ab dem ersten Tag des Betriebs der Anlage monatlich etwas durch die Einspeisung des Stroms zurück. Das kann die höhere Rate häufig sogar überkompensieren.

Natürlich würde eine solche Regelung aber auch Neubauten von zum Beispiel Genossenschaften betreffen. Hier müsste man schauen, wie man gute Lösungen finden kann, die den Neubau von bezahlbarem Wohnraum auf keinen Fall verhindern, sondern unterstützen.

Meine Kollegin Nicole Walter-Mundt hat es schon angesprochen: Es ist ein bisschen ungewöhnlich, ein Gesetz wie die Bauordnung zweimal in einer Legislaturperiode anzufassen. Natürlich löst das an vielen Stellen auch Begehrlichkeiten hinsichtlich anderer Änderungen aus – vielleicht auch in meiner Fraktion. Als wir 2020 über die Bauordnung diskutiert haben, haben wir aber ein Thema besonders stark diskutiert: Fraktionsübergreifend sind wir uns einig, dass Festivals zur bunten und vielfältigen kulturellen Landschaft Brandenburgs gehören. Die Genehmigungsschwierigkeiten, die in den letzten Jahren verstärkt auftraten, haben schon das ein oder andere Festival aus Brandenburg vertrieben. Ich freue mich auf die Debatte darüber, ob wir dieses Problem in dem Zusammenhang vielleicht auch lösen können.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und CDU)

Erst einmal freue ich mich sehr auf Ihre Zustimmung zur Überweisung, die den ersten großen Schritt auf dem Weg zur Solarpflicht in Brandenburg darstellt und damit auch einen großen Schritt in die Richtung, dass wir irgendwann auf allen geeigneten Dächern in Brandenburg PV-Anlagen haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD und CDU

Verwandte Beiträge

Solareuro lässt Gemeindekassen funkeln – Kommunen in Elbe-Elster profitieren vom PV-Freiflächenausbau

Neue Strategie zur Entsiegelung und Klimaanpassung

Klimapolitik in Brandenburg. Finissage zur aktuellen Ausstellung der BLPB am 19.06. 18:00

Über 2.000.000 Euro für Naturschutzprojekte in Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz

lass uns mal machen #033 – Wir blicken zurück auf 5 Jahre Politik und LUMM